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Morphologie der Neubildungen

Die zweite Ausgabe der International Classification of Diseases for Oncology (ICD-O) wurde 1990 veröffentlicht. Sie enthält eine verschlüsselte Nomenklatur der Morphologie der Neubildungen, die hier für alle diejenigen wiedergegeben ist, die sie zusammen mit Kapitel II anwenden möchten.

Die Morphologie-Schlüsselnummern sind fünfstellig: die ersten vier Stellen kennzeichnen den histologischen Typ der Neubildung, die fünfte Stelle - nach einem Schrägstrich (/) - bezeichnet den Malignitätsgrad (Verhalten, Charakter, Dignität). Der einstellige Schlüssel für den Malignitätsgrad lautet wie folgt:

/0Gutartig [benigne]
/1Unsicher, ob gutartig oder bösartig
Borderline-Malignität1
geringes Malignitätspotential1
/2Carcinoma in situ
intraepithelial
nichtinfiltrierend
nichtinvasiv
/3Bösartig [maligne], Primärsitz
/6Bösartig [maligne], Metastase
bösartig [maligne], Sekundärsitz
/9Bösartig [maligne], unsicher, ob Primärsitz oder Metastase


1Ausgenommen sind Zystadenome des Ovars in M844-M849, die als bösartig angesehen werden.

Die aufgeführte Nomenklatur enthält bei den Morphologie- Schlüsselnummern entsprechend dem histologischen Typ auch die Schlüsselnummern für den Malignitätsgrad der Neubildung. Es kann vorkommen, daß die Schlüsselnummer für den Malignitätsgrad aufgrund zusätzlicher Informationen geändert werden muß. Z.B.: Bei der Angabe "Chordom" wird unterstellt, daß es sich um eine Neubildung handelt, daher erhält es die Schlüsselnummer M9370/3; lautet die Angabe jedoch "gutartiges [benignes] Chordom", so sollte mit M9379/0 verschlüsselt werden. Ebenso sollte oberflächliches Adenokarzinom" (M8143/3) mit M8143/2 verschlüsselt werden, wenn es als "nichtinvasiv" bezeichnet ist, und "Melanom" (M8720/3) mit M8720/6, wenn es als "Metastase [sekundär]" bezeichnet ist.

Die folgende Tabelle zeigt eine Gegenüberstellung des Schlüssels für den Malignitätsgrad und der entsprechenden Krankheitsgruppen des Kapitels II:


Schlüssel für den Malignitätsgrad Kategorien des Kapitels II
/0 gutartige Neubildungen D10-D36
/1 Neubildungen mit unsicherem oder unbekanntem Charakter D37-D48
/2 in-situ-Neubildungen D00-D09
/3 bösartige Neubildungen, als primär festgestellt oder vermutet C00-C76,C80-C97
/6 bösartige Neubildungen, als sekundär festgestellt oder vermutet C77-C79

Die Schlüsselnummer /9 für den Malignitätsgrad ist im Zusammenhang mit der ICD nicht anwendbar, da angenommen wird, daß bei allen bösartigen Neubildungen aufgrund zusätzlicher Informationen im Krankenbericht zu ersehenist, ob sie primär (/3) oder metastatisch (/6) sind.

In der nachfolgenden Liste wird hinter jeder Schlüsselnummer nur der jeweils erste Begriff der vollständigen ICD-O Morphologie- Nomenklatur aufgeführt. Das Alphabetische Verzeichnis (Band 3) enthält jedoch alle Synonyme der ICD-Osowie eine Reihe weiterer morphologischer Bezeichnungen, die immer noch in Krankenberichten anzutreffen sind, die aber in der ICD-O weggelassen wurden, da sie veraltet oder aus anderen Gründen nicht erwünscht sind.

Einige Neubildungen sind spezifisch für bestimmte Lokalisationen oder Gewebetypen. Z.B.: Das Nephroblastom (M8960/3) entsteht nach seiner Definition stets in der Niere; das hepatozelluläre Karzinom (M8170/3) hat seinen Primärsitz stets in der Leber; das Basaliom (M8090/3) entsteht gewöhnlich in der Haut. Bei solchen Krankheitsbegriffen ist die entsprechende Schlüsselnummer aus Kapitel II jeweils in Klammern der Nomenklatur hinzugefügt. So folgt auf das Nephroblastom dieSchlüsselnummer für bösartige Neubildung der Niere (C64). Beim Basaliom ist die Schlüsselnummer für bösartige Neubildung der Haut (C44.-) angegeben, wobei die vierte Stelle offen gelassen ist. Hier sollte jene vierte Stelle eingesetzt werden, die für die angegebene Lokalisation zutrifft. Die den morphologischen Begriffen zugeordneten Schlüsselnummern des Kapitels II sollten benutzt werden, wenn die Lokalisation der Neubildungen in der Diagnose nicht angegeben ist. Die Schlüsselnummern des Kapitels II konnten nicht durchgängig den morphologischen Begriffen zugeordnet werden, weil gewisse histologische Typen in mehr als einem Organ oder Gewebetyp auftreten können. So ist z.B. "Adenokarzinom ohne nähere Angabe" (M8140/3) keine Schlüsselnummer aus Kapitel II zugeordnet, weil es seinen Primärsitz in vielen verschiedenen Organen haben kann.

Gelegentlich entsteht ein Problem, wenn eine in der Diagnose aufgeführte Lokalisation abweicht von jener, die bei der Morphologie-Schlüsselnummer angegeben ist. In solchen Fällen sollte die angegebene Schlüsselnummer aus Kapitel II ignoriert werden, und die zutreffende Schlüsselnummer für jene Lokalisation, die in der Diagnose angegeben ist, sollte verwendet werden. Z.B.: C50.- (Brustdrüse) ist dem morphologischen Begriff "Invasives Gangkarzinom" (M8500/3) hinzugefügt, weil dieser Karzinomtyp normalerweise in der Brustdrüse entsteht. Wird die Bezeichnung "Invasives Gangkarzinom" jedoch für ein primär im Pankreas entstandenes Karzinom benutzt, so wäre die korrekte Schlüsselnummer C25.9("Pankreas, nicht näher bezeichnet").

Bei den "Neubildungen des lymphatischen, blutbildenden und verwandten Gewebes" (M959-M998) sind die relevanten Schlüsselnummern aus C81-C96 und D45-D47 aufgeführt. Diese Schlüsselnummern des Kapitels II sollten ohne Rücksicht aufdie angegebene Lokalisation der Neubildung benutzt werden.

Eine Schwierigkeit bei der Verschlüsselung entsteht manchmal, wenn eine morphologische Diagnose zwei qualifizierende Adjektive enthält, die ihrerseits verschiedene Schlüsselnummern haben. Ein Beispiel ist das "Übergangszell-Epidermoidkarzinom". Die Schlüsselnummer für "Übergangszell-Karzinom ohne nähere Angabe" ist M8120/3, die für "Epidermoidkarzinom ohne nähere Angabe" ist M8070/3. In solchen Fällen sollte die höhere Schlüsselnummer (in diesem Beispiel M8120/3) genommen werden, da sie gewöhnlich spezifischer ist. Bezüglich weiterer Informationen über die Verschlüsselung der Morphologie siehe Band 2 (Regelwerk).